Samstag, 08.02.25, 16:00: VfL Lintorf IV gegen VfL Lintorf III
Das am Wochenende stattfindende Landesliga-Spiel Lintorf IV gegen Lintorf III ist ganz ohne Zweifel ein echter Kracher, aber ist es auch ein Derby? Wahrscheinlich weiß es keiner so ganz genau! Was spricht dafür, was dagegen? Eine Analyse ist längst überfällig!
Derby, Derby, Derby - vermutlich wird unter den Fan’s über wenig heftiger diskutiert als über die Frage: Ist X gegen Y wirklich ein Derby? Bei FC Schalke 04 gegen Borussia Dortmund scheint der Fall klar zu sein. Bei FC St. Pauli gegen HSV auch. Aber VfL Osnabrück gegen Arminia Bielefeld? Da gehen die Meinungen schon auseinander. Und Lintorf IV gegen Lintorf III? Also wann genau ist ein Derby überhaupt ein Derby?
Immer mehr Derbys und woher kommt das Derby überhaupt?
Spätestens seit Sky angefangen hat, mit Fußball Geld verdienen zu wollen, wimmelt es in der Fußballbundesliga nur so von "Derbys". Da wurde seinerzeit der Meisterschaftskampf zwischen Werder Bremen und dem FC Bayern München kurzerhand zum Nord-Süd-Derby hochgepusht - als wäre das Duell um Platz eins nicht brisant genug. Und damals wurde plötzlich jedes Spiel zwischen zwei Mannschaften aus der ehemaligen DDR-Oberliga zum "Ost-Derby" stilisiert. Selbst der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk sich ist in Zeiten von Klickzahlen und Social Media nicht zu schade dazu, bei Duellen zweier Mannschaften aus "dem Sendegebiet" schnell von einem Derby zu sprechen.
Geht man von jedoch von dem geschichtlichen Wortursprung aus, müssen bei einem Derby beide Mannschaften aus ein und demselben Ort kommen. Denn das erste "Derby" der Geschichte war das "Königliche Shrovetide Fußballspiel", bei dem seit dem 12. Jahrhundert zwei Teams aus Ashbourne an Faschingsdienstag und Aschermittwoch gegeneinander kickten. Und weil Ashbourne in der englischen Grafschaft Derbyshire liegt, hat sich der Begriff "Derby" eingebürgert. Mit Fußball im heutigen Sinne hatte das wüste Gebolze damals jedoch wenig zu tun. Spielzeit ist zweimal acht Stunden, das Spielfeld ist fünf Kilometer lang und anstelle von Aluminium-Toren gibt es zwei Mühlsteine. Tore zählen auch, wenn man die Mühlsteine von hinten oder von der Seite trifft.
Bewertungskategorie 1: Die regionale Komponente
Auch das erste "richtige" Fußball-Derby haben 1866 zwei Mannschaften aus ein- und derselben Stadt ausgetragen, nämlich Nottingham Forrest und Notts County. Auch wenn man es nicht ganz so streng auslegen will, hat ein Derby stets eine regionale Komponente. Das spricht schon mal dafür, dass auch Lintorf IV gegen Lintorf III in diese Kategorie fällt.
Bewertungskategorie 2: Die Rivalitäts-Komponente
Der zweite Punkt sind die Emotionen. Denn zwei Teams können noch so nah beieinander trainieren, wenn die Mannschaften keine Rivalität teilt, kommt auch keine Derby-Stimmung auf.
Was ist also wichtiger: Nähe oder Emotionen? Nähe ist auf jeden Fall der wichtigere Faktor, aber ohne Emotionen geht’s auch nicht. Ein weiteres Argument, das Spiel als Derby zu bezeichnen.
Bewertungskategorie 3: Die emotionale Komponente
Zudem geht es in jedem Derby um mehr als nur drei Punkte. Jedes Derby hat seine eigene Geschichte und seine eigenen Mythen. Viele Rivalitäten basieren auf gemeinsamen Ursprüngen, aber noch häufiger sind auch Konflikte Teil der Derby-Rivalität. So auch hier. Der nach dem Aufstieg der damaligen „Fantastischen Vierten“ vorgenommene Tausch (Vierte wird Dritte/ Dritte wird Vierte) ist noch immer nicht ganz verdaut! Auch dieses Kriterium deutet also darauf hin, das Spiel am Samstag als Derby bezeichnen zu dürfen.
Bewertungskategorie 4: Die Vergleichsbarkeit- bzw. Entwicklungs-Komponente
Sportliche Rivalitäten der beiden Mannschaften treten in den Hintergrund, wenn die beiden Teams nicht auf demselben Niveau agieren. Auch Derby-Rivalitäten brauchen Zeit zum Wachsen. Wenn die „Fantastischen“ Spiele gegen VCO IV aus der Bezirksliga ansetzen, kann höchsten eine Atmosphäre mit nettem Testspielcharakter entstehen, aber keine hitzige Derby-Stimmung. Dritte und Vierte spielen bereits seit einigen Jahren in der gleichen Liga. Die sportliche Leistungsfähigkeit ist also in etwa vergleichbar. Sollten sich die Wege hinsichtlich der sportlichen Leistung irgendwann einmal trennen, werden auch die Derby-Emotionen weitgehend abkühlen. Vier zu null pro Derby!
Bewertungskategorie 5: Die Anerkennungs-Komponente
Um diesen Punkt fünf einmal deutlicher darstellen zu können, werfen wir noch einmal einen Blick auf die Fußball-Bundesliga. Die TSG Hoffenheim hat in den Augen vieler Fans weder Tradition noch Emotion, weswegen es im Kraichgau auch nie ein Derby geben kann. Mannschaften, denen das Feindbild des unnützen Retortenklubs oder ähnliches anhaftet, werden nie in den Genuss eines echten Derbys kommen. Im Fall des am Wochenende im Volleydome stattfindenden Spiels ist das anders. Die Vierte ist so etwas wie das Urgestein der Liga und seit Ewigkeiten dort aktiv. Die Historie der Dritten ist zwar nicht ganz so lang, reicht aber auch schon etliche Jahre zurück. Punkt fünf für Derby.
Also Derby oder nicht Derby?
Die vorstehende Argumentation ist eindeutig! Derby ist, wenn Nähe und Rivalität in einem Spiel aufeinandertreffen. Häufig überlagert sich dabei die sportliche Rivalität mit anderen Konfliktlinien, auch wenn viele davon mittlerweile Pillepalle sind. Nähe ohne Rivalität ist maximal ein Nachbarschaftsduell. Rivalität ohne Nähe ist dann einfach ein sehr, sehr wichtiges Spiel. Ein Derby hat aber auch viel mit Anerkennung zu tun. Wenn einem Gegner Derby-Qualitäten zugeschrieben werden, bedeutet das automatisch, dass er ihnen wichtig ist - zumindest wichtiger als all die anderen Gegner. Freuen wir uns also auf das Derby Lintorf IV vs. Lintorf III!